BAV-Experte von Löbbecke „Corona ist die Stunde der Vermittler“

Von Lorenz Klein, 20.04.2020

Wie wirkt sich Kurzarbeit auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) aus und wie sollten bAV-affine Vermittler in der Corona-Krise vorgehen? HDI-Leben-Vorstand und bAV-Experte Fabian von Löbbecke weiß Rat und verrät im Interview, wie Vermittler „innerhalb der großen Krise auch kleine gute Nachrichten überbringen“ können.

Pfefferminzia: In jüngster Zeit häuften sich Beiträge in der Presse, die sich mit den Auswirkungen von Kurzarbeit auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) befassen. Vielleicht können Sie hier einmal zusammenfassen, warum dabei die Unterscheidung so wichtig ist, ob es sich bei der bAV des betroffenen Arbeitnehmers um eine Entgeltumwandlung oder eine arbeitgeberfinanzierte bAV handelt?

Fabian von Löbbecke: Die Wechselwirkungen mit dem Kurzarbeitergeld sind bei Entgeltumwandlung und arbeitgeberfinanzierter bAV vollkommen unterschiedlich. Bei Entgeltumwandlung gilt: Sie kann unverändert weiterlaufen, solange der Mitarbeiter zumindest ein reduziertes Arbeitsentgelt erhält.

Das Entgelt sinkt immer um denselben Prozentsatz wie die Arbeitszeit. Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer bei „Kurzarbeit Null“, wenn die Arbeitszeit also vorübergehend komplett aufgehoben wird, kein Arbeitsentgelt mehr erhält, sondern ausschließlich Kurzarbeitergeld. Das gilt nicht als Entgelt, sondern als Lohnersatzleistung. Und ohne Entgelt gibt es keine Entgeltumwandlung.

Arbeitnehmer, die ihre Betriebsrente bei „Kurzarbeit Null“ weiter besparen wollen, können ihren Vertrag vorübergehend aus privaten Mitteln fortführen. Früher war das wenig reizvoll, weil die private Fortführung nur ungefördert möglich war. Seit es am Markt Direktversicherungen mit integrierter Riester-Förderung gibt, ist das anders. Jetzt können Mitarbeiter von Entgeltumwandlung auf Riester „umschalten“. Damit sichern sie sich attraktive Zulagen vom Staat und gegebenenfalls einen Sonderausgaben-Abzug auf die Beiträge – immer vorausgesetzt, dass ihr Tarif das hergibt.

Die Auswirkungen auf eine arbeitgeberfinanzierte bAV hängen stark davon ab, wie das jeweilige Versorgungswerk geregelt ist. Wenn ihm eine vorausschauend gestaltete Versorgungsordnung zugrunde liegt, enthält diese Vorkehrungen für den Fall der Kurzarbeit oder zumindest für eine Teilzeit-Tätigkeit. Typisch ist, dass der Versorgungsanspruch an entgeltpflichtige Zeiten geknüpft ist und um denselben Prozentsatz sinkt wie die Arbeitszeit – so, als ob der Mitarbeiter in Teilzeit ginge. Schwierig wird es, wenn klare Regeln fehlen.

Wie sollten Vermittler vorgehen, wenn sie von einem Unternehmen kontaktiert werden, weil dieses aufgrund eines akuten Liquiditätsengpasses fürchtet, die arbeitgeberfinanzierte bAV nicht mehr stemmen zu können?

Wenn die Zahlungsfähigkeit gefährdet ist, gilt „Alarmstufe rot“. Dann müssen Vermittler sofort aktiv werden. Zuerst gilt es auszuloten, welchen Handlungsspielraum die bestehende Versorgungsordnung bietet. Ohne vertragliche Regelung haben Arbeitgeber keinen einseitigen Rechtsanspruch, die bAV bei Kurzarbeit herunterzufahren. Trotzdem können sie versuchen, die bestehende Versorgungsvereinbarung für die Zukunft zu ändern. Dafür gelten hohe Anforderungen. Mit Unterstützung versierter und erfahrener Berater kann so ein Eingriff gelingen.

Besteht für Vermittler gar die Chance sich jetzt zu profilieren, indem sie Unternehmen aktiv auf das Thema bAV und Kurzarbeit ansprechen?

Corona ist die Stunde der Vermittler. Ändern sich auf Kundenseite die finanzielle Situation oder die persönlichen Verhältnisse, muss oft die Vorsorge angepasst werden. Genau dann sollten Vermittler ihren Kunden mit Rat und Tat zur Seite stehen. Hinzu kommt, dass viele Menschen wegen Corona tief besorgt sind – um ihre Gesundheit und die ihrer Familie, um den Arbeitsplatz, um die gesamte persönliche und finanzielle Zukunft. Vermittler haben die Chance, ihren Kunden einen Teil dieser Sorgen zu nehmen.

Oft reicht es schon, Wege aufzuzeigen, wie Kunden einen kurzfristigen Liquiditätsengpass überbrücken können. Dadurch bleibt wertvoller Versicherungsschutz erhalten, Storni werden vermieden. Außerdem können Vermittler innerhalb der großen Krise auch kleine gute Nachrichten überbringen. Zum Beispiel: Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Kurzarbeitergeld wird durch Entgeltumwandlung nicht geschmälert, sondern oft sogar geringfügig erhöht.

„Eine Stundung ist ein schneller und praktikabler Weg, um Liquidität zu schonen und den vollen Versicherungsschutz zu erhalten“, erklärte kürzlich Jochen Pölderl, Principal bei Aon. „Allerdings muss man wissen, dass gestundete Beiträge in der Regel in einer Summe und in voller Höhe nachzuzahlen sind, wenn der volle Versicherungsschutz aufrechterhalten bleiben soll.“ Wie beurteilen Sie das und was gilt es zum Beispiel auch bei temporär reduzierten Beiträgen in die bAV zu bedenken?

Es kommt auf die konkrete Stundungsregelung an, was am Ende des Zeitraums passiert. Bei der sogenannten Corona-Pause, die HDI Leben anbietet, können Kunden die aufgeschobenen Beiträge zinslos nachzahlen. Dazu rate ich auch, weil Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse bis zum Jahresende ebenfalls nachgeholt werden können. Außerdem müssen Kunden bedenken, dass ihr Rentenanspruch langsamer wächst als gewohnt, wenn sie Beitragszahlungen ersatzlos aussetzen.

Unabhängig von einer eventuellen Nachzahlung bietet die Stundung einen unschlagbaren Vorteil im Vergleich zur Beitragsfreistellung: Der Versicherungsschutz bleibt in der Pause vollständig erhalten. Das gilt auch für Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen. Sprich: Wird der Kunde während der Stundung berufsunfähig, hat er Anspruch auf volle Leistung.

Lorenz Klein

Lorenz Klein ist seit Oktober 2019 stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Dem Pfefferminzia-Team gehört er seit Oktober 2016 an.

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